Der Sohn des Prokurators – von Gerda Rottschalk

Exzerpt

Der Sohn des Prokurators ist ein Kinderbuch aus der DDR über das Leben im Alten Rom. Ganz konkret geht es um die Erlebnisse des kleinen jungen Marius zur Zeit Anfang des Jahres 64 n. Chr. Dabei streift der Junge einige markante Plätze und Alltagserlebnisse, die charakteristisch für jene Epoche und geographische Region im Zentrum des Imperiums sind.

Basisdaten

  • Titel: Der Sohn des Prokurators
  • Autor: Gerda Rottschalk
  • Illustrator: Dieter Müller
  • Verlag: Der Kinderbuchverlag Berlin (VEB)
  • Jahr: 1986 (1. Auflage)
  • ISBN: 3-358-00759-6
  • Ehemaliger Original-Preis: 6,80 M (Mark der DDR)
  • Illustrationen: 32 größtenteils colorierte Federzeichnungen + Einbandillustration
  • Seitenanzahl: 48
  • Format: 18,5 x 25cm
  • Einbandart: Hardcover foliert (Pappe)
  • Herstellung: Grafischer Großbetrieb Sachsendruck Plauen (VEB)
  • Altersempfehlung: Für Leser von 9 Jahren an

Zweck

Ein Anliegen des Buches ist es offensichtlich Kinder ab einem Lesealter von 8 bis 10 Jahren auf unterhaltsame Weise Geschichtswissen zu vermitteln und den Schulunterricht im Fach Geschichte mit der Lerneinheit „Römisches Reich“ zu begleiten.

Der Sohn des Prokurators von Gerda Rottschalk
Einband
Innentitel - Der Sohn des Prokurators von Gerda Rottschalk
Innentitel – Der Sohn des Prokurators von Gerda Rottschalk

Inhalt

1.      Kapitel: Der Brand

Die Autorin versteht es den Leser zugleich in den bann der Erzählung zu ziehen. Marius, die Hauptfigur des Buches ist der Sohn eines Verwalters. Am Beginn der Erzählung steigt Marius auf den Janiculus-Hügel. Der Leser erfährt hier einiges Grundlegendes über Rom zu jener Zeit. Das es am Fluss Tiber liegt und auf sieben Hügeln erbaut wurde. Über das Gewirr der vielen Gassen und den Stadthafen. Man erfährt etwas über die Ausstattung der Häuser, Inneneinrichtung, über Handelsgüter und das Alltagsleben der einfachen Menschen. Auch lernt der Leser kennen, mit welchem Material die kindlichen Schüler damals schrieben: eine mit Wachs beschichtete Schreibtafel und Papyrusrollen.

2.      Kapitel: Das Bad

Im Zweiten Kapitel erwacht das schlafende Mädchen. Sie heißt Claudia. Der Leser erfährt nun nebenbei etwas über die Kultur der römischen Bäder, denn die beiden rußgeschwärzten Kinder dürfen sich dort waschen. Dieses ist in der Nähe des Aquädukt Aqua Appia.

In der Haupterzählung geht es jedoch um den Vater Claudias. Er heißt Servius und war Soldat in der römischen Armee. Die Geschichte erzählt von seinem Dienst in der Provinz Britannia und Germania. Servius war der Anführer einer Zehnerschaft und wurde von Britanniern überfallen, überlebte als Einziger. Durch eine Intrige des bösen Vaso wurde Servius um sein Soldatendiplom gebracht, unehrenhaft und ohne Lohn entlassen. Nun muss er ein armseliges Leben führen und sein Haus ist nun auch verbrannt. Der Leser lernt die Begriffe Advokat, Bittschrift und Nero kennen.

In der Bibliothek - Der Sohn des Prokurators

3.      Kapitel: In der Gasse

Wieder gelingt es der Autorin spielerisch und in kurzen einfachen Sätzen lebhafte Geschichte zu erzählen und dabei Grundbegriffe der römischen Geschichte einzubauen. Zunächst suchen die Kinder um Claudia in der Gasse verschiedenen Spiele: Nüssespiel oder Mäuse vor einen Karren spannen. Reiterspiel. Spiele mit Münzen! Das ist ein neues Thema: Der Leser lernt nun einige Basisinformationen über Nero, den Sonnengott und Kaiser. Seine Frau Octavia, die Mutter Agrippina und den Stiefbruder Britannicus. Die Kinder streiten sich lebhaft um die Münze. Ein Denar sind vier Sesterzen.

Im zweiten Abschnitt erfährt der Leser nun etwas über das Forum Romanum, die Bittschriften. Wieder geht es um die Advokaten, so wie Hortensius. Einfachste Einblicke in das römische Rechtssystem.

Über die Autorin: Gerda Rottschalk

Gerda Rottschalk war eine bedeutende Kinderbuchautorin der DDR. Über ihr Leben ist bis jetzt relativ wenig bekannt. Sie wurde am 26. Juni 1920 in Berlin geboren und lebte bis zum 8. August 2001.  Ab 1936 bis Kriegsende absolvierte sie die Handelsschule. Nach dem Krieg arbeitete sie als Neulehrererin. Wahrscheinlich erfuhr sie dort ihr Faible für pädagogische Stoffe, die sie in ihren späteren Werken verarbeitete. 1961 startete ihre Karriere als Autorin für den Kindebruchverlag Berlin in der DDR.

Gerda Rottschalk wurde berühmt durch ihre Kinder-Serien der älteren Geschichte. Titel wie: „Die Kinder Sumuts“ und „Die Wildpferdjäger“ sind fast jedem DDR-Kind ein Begriff. Ihre Serien umfassten also die Urzeit des Menschen, die mesopotamische Zeit bis zur Antike. Damit sind ihre lebhaften, phantasievollen und unterhaltenden Erzählungen eine willkommene Abwechslung und Ergänzung zum Schulstoff Geschichte der 5. Klasse in der polytechnischen Oberschule. Einen Exkurs bieten die nicht minderspannenden Titel über die Indianer. Zum Beispiel: „Die Schlangentänzer“ oder „Kampf am Wounded Knee“.

Von diesen historischen Stoffen abgesehen veröffentlichte sie auch zwei Kinderbücher mit dem Stoffhintergrund der NVA. Nach der Wende veröffentlichte Gerda Rottschalk mindestens noch ein Buch im Nachfolge-Verlag des Kinderbuchverlags mit Rudolf Schultz-Debowski. Gerda Rottschalk hatte einen Sohn.

Das Pantheon - Der Sohn des Prokurators
Das Pantheon – Der Sohn des Prokurators

Illustrationen von „Der Sohn des Prokurators“:

Die Illustrationen von Dieter Müller greifen die Szenerie schemenhaft auf und lassen viel Raum für Phantasie. Seine Art zu Zeichnen ist bewusst unrealistisch. Der Federstrich erzeugt einen eigenen Charakter und erzeugt Dynamik, ja wirkt beinahe flüchtig. Die Wirkung ist gewollt skizzenhaft, teilweise unfertig und unperfekt. Details von Dieter Müller sind oft nur angedeutet, insbesondere bei den architektonischen Großbildern. Die Kolorierung ist angenehm zurückhaltend farbig, teilweise eher blass. Wenige Zeichnungen sind Schwarz-Weiß belassen. An einigen Stellen gibt es Signets. Größtenteils sind die Illustrationen von Dieter Müller aber farbig und rechteckig gerahmt.

Persönliche Einschätzung:

Gerda Rottschalk gelingt es durch ihre Schreibweise die jungen Leser abzuholen. Einfache Sätze erleichtern das Lesen und fokussieren auf das wesentliche. Wichtige Schauplätze und Schlüsselbegriffe werden beinahe spielerisch in die Gesamtgeschichte verwoben. Lustige, aber auch gefährliche Momente bauen Spannung auf. Der Autorin gelingt es mit wenigen aber treffenden Worten Gefühle zu wecken und lebhafte, nachfühlsame Beschreibungen der Szenerie zu schildern, die die Phantasie und Vorstellungskraft des jungen Lesers wecken. Dennoch sind die Beschreibungen kurz und knapp, die Geschichte läuft zügig voran. Es gibt kein Halten, noch langatmige Erläuterungen derselben Szene. Das lässt keine Langeweile aufkommen und erleichtert den Lese- und Vorstellungsfluss des Lesers.

Die verwendeten Illustrationen treffen meinen persönlichen Geschmack nicht hundertprozentig, dennoch erfüllen sie ihren Zweck gut. Sie regen die Phantasie an und unterstützen die textliche Erzählung. Kindergesichter wirken auch betont kindlich, beinahe comichaft. Manche Gesichter sind ausdrucksstark, andere wiederum nur skizzenhaft und rudimentär dargestellt. Die Art der Federzeichnung und des Striches erzeugt eine gewissen Unruhe, Dynamik aber auch Lebendigkeit. Detailreichtum, Exaktheit und Gediegenheit oder auch Beschaulichkeit stellen die Zeichnungen eher nicht dar.  Die Art der Illustrationen hebt das Buch auch von den bisherigen Werken, gerade der Urzeit-Serie von Gerda Rottschalk, ab.